Mittwoch, 19. 7. 2006

Einer der wenigen Tage im Jahr, an denen ich keine festen Termine hatte und deshalb frei nehmen konnte. Schon am Vorabend hatte ich mich mit Jens verabredet. Früh um 8 Uhr lokal trafen wir uns am Platz, um den Calif aufzurüsten. Der Wetterbericht sagte sehr gutes Streckenwetter Richtung Westen voraus. Daher nahmen wir uns als Ziel das Matterhorn vor. Doch dieser Traum platzte schon nach dem Ausklinken am frühen Morgen. Unser Startpunkt, das Wertacher Hörnle blubberte nur ganz zäh vor sich hin, so dass wir hier erst einmal über eine halbe Stunde unter Hangkante Nullschieber auslutschen mussten. Wer schon mal Calif geflogen ist, weiß, dass das Schwertarbeit sein kann. So herrlich das Side-by-Side fliegen einerseits ist, so unhandlich ist er beim geländenahen fliegen. Doch alles war besser, als zurück zum Platz.

Eine kräftige Inversion bei 2.150 m NN begleitete uns bis ins Lechtal. Hier konnten wir knapp 1,5 Stunden nach dem Ausklinken erstmals auf 2.400 m NN steigen, kurze Zeit später ging es am oberen Lechtal sogar schon auf 3.200 m NN.

Dass es mit dem Matterhorn nichts mehr werden würde, war schon jetzt klar. Wir hatten zu viel Zeit verloren. Dennoch wollten wir so weit wie möglich nach Westen. Das Ziel hieß "Wende um 15 Uhr lokal".

Wir flogen über den Arlberg, vorbei an der Silvretta über Davos (wo wir nach "Herumstochern im Blauen" die ersten Cumuli antrafen), Lenzerheide, Oberalppass, Furkapass bis zum Finsteraarhorn.

   

Arosa

Grimselsee/Oberaarsee

Arosa Grimsel- Oberaarsee Fieschergletscher mit Finsteraarhorn

Die Bergwelt der Berner und Waliser Alpen gehört mit zu anmutendsten Umgebungen, die unsere Natur geschaffen hat. Bleibt zu hoffen, dass die Gletscherwelten doch nicht ganz so schnell dahin schmelzen, wie die Meteorologen vorhersagen.

Die Basis war mittlerweile auf 3.700 m NN angestiegen und erlaubte ein schnelles Vorankommen. Die 230 km zurück über Furka-, Oberalppass, Lenzerheide, Arosa, Unterengadin, Reschensee bis zum Timmelsjoch konnten wir mit einem 100er Schnitt fliegen.

Reschensee

Die Basis am Piz Nuna war bereits auf 4.200 m NN gestiegen, am Glockturm und nördlich der Wildspitze sogar auf 4.400 m NN. An solchen Tagen kann man es sich auch in den Alpen leisten, schwächere Bärte einfach stehen zu lassen und mit hohem Tempo vorfliegend auf den nächsten Hammerbart zu waren. Die Steigwerte ließen nicht zu wünschen übrig. 4 m/s integriert waren häufiger anzutreffen. Unter 2,5 m/s mussten wir zu den guten Nachmittagsstunden nichts annehmen.

Nach der Wende am Timmelsjoch (im Osten war die Basis deutlich niedriger) glitten wir wieder zurück nach Westen, nahmen die Geschwindigkeit jedoch deutlich zurück. Wo gerade beim Herfliegen noch ein starker Aufwind stand, war nun nichts mehr. Eine Wolke nach der anderen löste sich auf. Die Höhe reichte aber aus, um noch einmal den letzten Bart nördlich der Wildspitze anzusteuern, wo wir noch eine halbe Stunde zuvor Hardi mit seinem Kestrel getroffen hatten (er war an diesem Tag von Unterwössen aus gestartet). Doch hier erkämpften wir uns mühsam mit einem halben Meter Steigen einige Höhenmeter um den nächsten Grat zwischen Pitz- und Kaunertal überfliegen zu können. Dort kam dann endlich wieder das erwartete Steigen und trug uns wieder auf 4.400 m NN. Mit viel Speck zum Endanflug nach Kempten verlängerten wir noch bis zur Elferspitze westlich des Reschensees. Nachdem hier kein Steigen mehr zu finden war, bogen wir ab in Richtung Heimat.

Steigen: 4 m/s !!!

Kaunertalsperre

Ca. 100 km Endanflug lagen vor uns, mit rund 500 m "Luft zur Grasnabe" und leider einigen hohen Bergen dazwischen. Unter einer geschlossenen Stratusschicht (PICT0282.jpg) und schon einigen Schauern weiter westlich konnten wir in der Nähe des Muttler noch einmal mit knapp 2 m/s auf 4.250 m NN steigen. Jetzt hieß es nur noch genießen und fotografieren (PICT0289.jpg). Die Höhe setzten wir abends noch für einen kleinen Abstecher zu meinem Heimatort Altusried (15 km nördlich von Kempten) ein.

Pünktlich um 19:28 Uhr lokal schwebten wir nach 8:35 Stunden reinem Segelflug in Kempten Durach ein (PICT0305.jpg). Gerade noch rechtzeitig, da der Platz offiziell um 19.30 Uhr schließt.

Geschlossene Stratusschicht beim Endanflug Final Approach

Es war ein unbeschreibliches Erlebnis. Jeder der schon einmal versucht hat, abends Frau und Kinder mit den Eindrücken des Tages zu "überfluten", weiß dass man solche Tage mit Worten nicht beschreiben kann. Das ist für mich ein Grund, Calif zu fliegen. Nebeneinander sitzend lässt sich die Begeisterung verdoppeln. Abends kann man den Tag noch einmal Revue passieren lassen und jeder hat das gleiche erlebt.

Der OLC wies schließlich 619 km (74 km/h) aus, bei der DMST waren es immerhin 604 km.

Nimmt man die ersten 1,25 Stunden "Gebastel" aus der Wertung, bleibt immer noch eine Strecke von rund 600 km mit einem passablen 85er Schnitt.

Diese Tage machen Lust auf mehr. Ich wünsche uns allen noch viele solche, vor allem unfallfreie Erlebnisse in unseren herrlichen Alpen.

ERIK